2. Buchrezension zu "Pholus - Wandler zwischen Saturn und Neptun" - Die Wende ins Unerwartete

Wer ist Pholus???
von Beate Metz

Er ist der einzige "zivilisierte" und "gutmütige" Kentaur neben Chiron. Pholus kommt nach einem wilden Kentaurenkampf, bei dem Herakles die meisten Kentauren mit Giftpfeilen erlegte (und versehentlich auch Chiron unheilbar verwundete) ums Leben, weil er aus Faszination einen Pfeil aus einer Kentaurenleiche zieht, dieser ihm entgleitet und ihn umgehend tötet.

Mit Pholus geht es um "eine Verwandlung der dunklen, den Menschen treibenden Kräfte in Bewußtsein und Weisheit. Tod ist im Mythos, wie im Traum, niemals Vernichtung, sondern stets Transformation oder ein neuer Anfang auf einer höheren Ebene." (S. 137) Ein möglicher Deutungsansatz: Pholus "steht für unsichere Übergänge, die in Katastrophen oder in ein neues Glück führen... Pholus ist die Weisheit der richtigen handlung im richtigen Moment, womöglich auch Geschicklichkeit in den Bewegungen... (er) manifestiert sich ... als unterbewußt gesteuertes Geschick oder Ungeschick." (S. 138/139) In Transiten wirkt er als "Katalysator und Enthemmer: einerseits für die noch unentwickelte und auf eine Geburt wartende Facette der vom Transit betroffenen Anlage und andererseits für die Bereitschaft zur Öffnung für das Unbekannte." (S. 201/202)

Der Kleinplanet Pholus wurde am 9.1.1992 entdeckt und benötigt 92 Jahre für einen vollständigen Sonnenumlauf. Er überkreuzt bei Sonnenähe die Saturn-Bahn nach innen, bei Sonnenferne die Neptun-Bahn nach außen. Pholus ist wie Chiron eine "Kreuzung" aus Asteroid und Komet, vielleicht mit einer Brückenfunktion zwischen beiden. Die Kentauren sind eine neue Kleinplanetengruppe zwischen Saturn und Neptun, und außer Chiron und Pholus wurden bis jetzt noch weitere vier entdeckt. Im Jahr von Pholus' Entdeckung spürten die Astronomen den ersten Transplutonier auf, und inzwischen gibt es konkrete Hinweise auf einen riesigen Kleinplanetengürtel jenseits von Neptun und Pluto, den sogenannten Kuipergürtel.

Da Pholus spektroskopisch wichtige Gemeinsamkeiten mit einigen dieser neuen Planeten hat, wird angenommen, daß er und die anderen Kentauren wahrscheinlich dem Kuipergürtel entstammen. Chiron und Pholus sind die hellsten und größten und damit wahrscheinlich wichtigsten Vertreter der Kentaurengruppe. Chiron wird inzwischen in der astrologischen Deutung weit verwendet, und auch Pholus könnte eine Bereicherung sein. Zum Pro und Kontra der Integration von Kleinplaneten in die Deutung bietet das sehr interessante von Dieter Koch geschriebene Kapitel Chiron, Pholus und die Frage der Kleinplaneten wichtige Argumente. Das Kriterium der Größe erweist sich dabei als untaugliches Gegenargument, denn dann dürfte auch Pluto bei der Deutung nicht berücksichtigt werden, weil er nur doppelt so groß ist wie Ceres, die Größte aus dem inneren Kleinplanetengürtel zwischen Mars und Jupiter.

Dieses Buch ist weltweit das erste über Pholus. Es zeichnet sich dadurch aus, daß Robert von Heeren und Dieter Koch ein Beispiel dafür geben, wie spannend und lesbar Forschung sein kann. Sie verbinden astronomisches Wissen mit eigenen visionären Erkenntnissen über Chiron und Pholus, interpretieren den zugehörigen Mythos astrologisch, begeben sich in gründliches Quellenstudium, wobei sie eigene neue Übersetzungen dieser Quellentexte liefern, und breiten darüber hinaus noch die Ergebnisse einer dreijährigen Transitforschung vor uns aus. Eine gelungene und inspirierende Mischung!

Beate Metz, Berlin

(Interneterstveröffentlichung mit Beates freundlicher Genehmigung im November 1998)